Liebe Leser,
bevor es um „überteuerte Aktien“ geht, möchte ich die vielen neuen Leser willkommen heißen und mich bei ihnen und allen anderen Lesern auch dafür entschuldigen, dass es gestern aufgrund „unüberwindbarer technischer Schwierigkeiten“ keine Ausgabe von Maydorns Meinung gab. Mittlerweile läuft die Technik aber wieder rund und als „kleiner Ausgleich“ ist die heutige Ausgabe besonders umfang- und ich hoffe auch inhaltsreich.
Amazon: Vom Start weg viel zu teuer
Ich verfolge die Aktie von Amazon schon seit dem Börsengang im Mai 1997. Damals war es noch ein kleiner Internet-Buchverkäufer mit einem Jahresumsatz von knapp 16 Millionen Dollar. Im Vergleich dazu war der Börsenwert von 500 Millionen Dollar geradezu astronomisch hoch. Kein Wunder, das praktisch alle Experten (bis auf ein paar Redakteure eines Börsenmagazins aus Kulmbach) damals davon abrieten, die Aktie zu kaufen. Ein Fehler, denn nur ein Jahr später hatten sich Börsenwert und Aktie verfünffacht. Und wieder wurde auf die eklatante Überbewertung und die fehlenden Gewinne verwiesen. Erst im Jahr 2003 erzielte Amazon erstmals überhaupt einen kleinen Gewinn. Von da an hatte die Aktie auch ein KGV, aber das liegt seitdem fast ausnahmslos bei 100 oder höher.
Kurzum, die Aktie blieb – bis heute – geradezu hoffnungslos überteuert. Das hielt sie aber nicht davon ab immer weiter zu steigen. Mittlerweile summiert sich der Gewinn seit dem Börsengang vor gut 20 Jahren auf über 50.000 Prozent. Wer aber in den Genuss dieses Gewinns – oder zumindest eines Teils davon – kommen wollte, der war praktisch gezwungen, eine vollkommen überteuerte Aktie zu kaufen.
Bewertung unverändert hoch, Einschätzung gedreht
Amazon ist auch heute noch teurer. Nicht nur optisch – eine Aktie kostet mittlerweile über 1.000 Dollar –, sondern auch was die Bewertung betrifft. Auf Basis der Gewinnprognosen für 2018 liegt das KGV bei stolzen 145. Aber eine Sache hat sich in jüngster Zeit bei Amazon verändert. Die Analysten haben mittlerweile die Sonderstellung des Konzerns erkannt und empfehlen die Aktie trotz ihrer hohen Bewertung mehrheitlich zum Kauf. 46 Kaufempfehlungen stehen gerade einmal drei Einschätzungen mit „Halten“ gegenüber. Verkaufsempfehlungen für Amazon gibt es mittlerweile überhaupt nicht mehr.
So sehr ich die Story und die Aktie von Amazon auch mag, dass mittlerweile praktisch „jeder“ die Aktie zum Kauf empfiehlt, ist für mich eher ein Kontraindikator und mahnt etwas zur Vorsicht. Die wirklich großen Kursgewinne sind bei Amazon ohnehin nicht mehr zu erwarten. Die gibt es in der Regel nur, wenn bei einer Aktie die Skeptiker noch in der Überzahl sind.
Tesla: Pessimisten in der Überzahl
Tesla-Chef Elon Musk kann sich über einen Mangel an Skeptikern nicht beschweren. Klar haben es und sein Unternehmen auch eine treue Fan-Gemeinde, aber an den Finanzmärkten sind die Pessimisten in der Überzahl. Tesla ist eines der sehr seltenen börsennotierten Unternehmen, bei dem es mehr Verkaufs- als Kaufempfehlungen gibt. Neun Analysten raten zu Verkauf der Aktie und nur sieben zum Kauf. Acht Mal lautet die Empfehlung „Halten“. Dass es so viele unentschlossene Experten gibt ist für mich die eigentliche Überraschung, ich dachte immer, bei Tesla gibt es nur hopp oder top – entweder man glaubt an die Story und Herrn Musk oder eben nicht.
Hohe Bewertung, ab 2019 gibt es ein KGV
Ähnlich wie bei Amazon gab es beim Börsengang im Jahr 2010 eigentlich nur Zweifler. Es erschien geradezu aberwitzig, ein Unternehmen, dass nur rund 1.000 pro Jahr verkauft und damit auch noch 150 Millionen Dollar Verlust einfährt, mit 2,2 Milliarden Dollar zu bewerten. Heute verkauft Tesla 100 Mal so viele Autos wie damals und wer seine Aktien vom Börsengang noch hat, der hat seinen Einsatz mittlerweile fast verzwanzigfacht. Und ähnlich wie bei Amazon gab es bei Tesla seit dem Börsengang keinen einzigen Tag, an dem die Aktie auch nur annähernd günstig zu haben war. Obwohl sie mittlerweile zumindest nicht mehr ganz so teuer ist wie 2010. Damals wurde das Unternehmen mit dem 15-fachen Jahresumsatz bewertet, jetzt nur noch 5-fachen, wenn man den für dieses Jahr erwarteten Umsatz als Grundlage nimmt. Im kommenden Jahr reduziert sich das Umsatzvielfache dann auf relativ moderate 2,9.
Tesla, seit Börsengang, in US-Dollar
2019 sinkt das dieses Verhältnis dann auf nur noch knapp über zwei und es könnte zudem das erste Jahr mit einem Gewinn anstehen. Die Analysten prognostizieren für 2019 im Durchschnitt einen Gewinn von 1,74 Dollar pro Aktie. Beim aktuellen Aktienkurs von 341 Dollar errechnet sich ein KGV von 196 – also durchaus auf Amazon-Niveau.
In neun Jahren von 10 auf 100 Milliarden
Natürlich bis ich mit bewusst, dass der Vergleich zwischen Amazon und Tesla an vielen Stellen hinkt, aber insbesondere hinsichtlich der Bewertung und der Einschätzung in den Anfangsjahren sind die Parallelen durchaus bemerkenswert. Und nicht nur das: Tesla wird in diesem Jahr erstmals einen Umsatz von über 10 Milliarden Dollar erreichen, also 14 Jahre nach der Firmengründung im Jahr 2003. Amazon brauchte zum Erreichen der 10-Milliarden-Dollar-Schallmauer nur zwei Jahre weniger – von 1994 bis zum Jahr 2006. Weitere neun Jahre später, also 2015, wurde dann erstmals die 100-Milliarden-Grenze geknackt. Und auch bei Tesla ist es durchaus machbar, dass in neun Jahren, also im Jahr 2026 Umsätze von über 100 Milliarden Dollar erreicht werden.
Von 2006 bis 2015 haben sich nicht nur die Umsätze von Amazon verzehnfacht, sondern auch der Kurs der Aktie. Auch wenn es für die zahlreichen Tesla-Zweifler vollkommen utopisch klingt, auch die Aktie von Tesla kann sich in den nächsten neun Jahren verzehnfachen. Und das ist auch der Grund, warum die Aktie die Kernposition im E-Mobility-Depot im maydornreport ist, das seit Jahresbeginn um 72,5 Prozent zugelegt hat.
Amazon, von 2006 bis 2015, in US-Dollar
Viele Grüße und viel Erfolg,
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