Liebe Leser,
wenn Warren Buffett seine Bücher öffnet, dann wird besonders genau hingesehen. So auch gestern als seine Investmentholding Berkshire Hathaway ihren neuen Quartalsbericht vorgelegt hat. Auch wenn es keine wirklich großen Überraschungen gab, so lässt sich doch mal wieder eine Menge lernen von der lebenden Investmentlegende. Buffett hat seine Apple-Position verdoppelt. Sie ist jetzt mit einem Volumen von rund 20 Milliarden Dollar hinter Kraft Heinz (29 Milliarden Dollar) und Wells Fargo (26 Milliarden Dollar) die drittgrößte in seinem Portfolio.
Nicht verbilligen, sondern verteuern
Aber das Besondere an diesem Apple-Nachkauf ist nicht unbedingt das Volumen, sondern eher der Zeitpunkt. Denn Buffett hat das gemacht, vor dem sich „normale“ Anleger scheuen: Er hat zu deutlich höheren Kursen eine Position aufgestockt. Die ersten Apple-Aktien hatte Buffett vor gut einem Jahr zu Kursen um 90 Dollar gekauft, also aus heutiger Sicht zu absoluten Schnäppchenpreisen. Die jetzige Aufstockung dürfte zu Kursen um 130 Dollar erfolgt sein, also rund 40 Prozent höher. Aktuell notiert Apple bei 155 Dollar nochmals ein ganzes Stück höher und Buffett hat einmal mehr alles richtig gemacht.
Während ein „normaler“ Anleger bei einem Gewinn von 40 Prozent durchaus daran denken würde, zumindest einen Teil der Position zu verkaufen hat Buffett zu deutlich höheren Kursen, ja sogar zu Rekordkursen, nachgekauft. Und genau das ist der Unterschied zu weniger erfolgreichen Anlegern, die Aktien zumeist nur dann nachkaufen, wenn die Kurse gefallen sind. So verbilligen sie ihren Einstiegskurs und erhoffen sich gleichzeitig eine höhere Gewinnchance. Aber mit „Hoffen“ lässt sich an der Börse nur schwerlich Geld verdienen.
Nicht hoffen, sondern wissen
Buffett hofft nicht, sondern er weiß. Er weiß, dass sich Apple in den vergangenen Monaten sehr gut entwickelt hat und dass es insofern nur folgerichtig war, dass sich auch der Kurs der Aktie verteuert hat. Und genau das war ja auch seine Motivation beim Kauf der ersten Apple-Position vor einem Jahr: Die Erwartung steigender Aktienkurse. Warum sollte ihn die Erfüllung seiner eigenen Erwartung davon abhalten, noch mehr Aktien zu kaufen?
Wäre die Apple-Aktie in den zurückliegenden Monaten nicht gestiegen oder sogar gefallen hätte Buffett mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachgekauft, er hätte vielleicht sogar verkauft. So wie jetzt erneut bei IBM. Die Aktie entwickelt sich in diesem Jahr schon wieder sehr unterdurchschnittlich und ist einer der wenigen Verlierer-Aktien im Dow Jones. Buffett hat trotzdem – oder vielmehr gerade deswegen – seinen Bestand weiter abgebaut.
Buffet befolgt Börsenweisheit
Während normale Anleger geneigt sind, bei steigenden Kursen zu verkaufen und bei fallenden zu kaufen, macht Buffett exakt das Gegenteil. Und damit macht er eigentlich nur dass, was eine vielzitierte aber wenig beachtete Börsenweisheit propagiert: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. Natürlich ist die Befolgung dieser Regel nur ein Teil des Erfolgs von Warren Buffett, aber sicherlich kein unbedeutender. Und umsetzen kann sie jeder – aber es ist eben – weitaus – schwieriger als es sich anhört.
Apple (blau) vs. IBM (rot)
Viele Grüße und viel Erfolg,
|